Ilfelder Heimatmuseum: Erfolgsgeschichte Combino Teil 2

Teil 2: Die Antriebslösung des „Combino Duo“

Die technische Grundlage der Hybrid-Stadtbahn Combino Duo war eine der größten Ingenieurleistungen, die je in Nordhausen entwickelt wurde. Während herkömmliche Stadtbahnen ihren Strom aus der Oberleitung beziehen, musste für den oberleitungsfreien Betrieb des Combino Duo eine völlig neue Lösung gefunden werden.

Da Batterien mit ausreichender Kapazität in den 1990er-Jahren noch nicht verfügbar waren, entschieden sich die Entwickler, den nötigen Gleichstrom an Bord selbst zu erzeugen – durch einen im Fahrzeug installierten Dieselgenerator. Erste Versuche wurden mit einem in eine Stadtbahn eingebauten 80-Kilowatt-Notstromaggregatdurchgeführt. Die Testfahrten bewiesen die grundsätzliche Machbarkeit, allerdings war das Aggregat zu groß, zu schwach und nahm den gesamten Fahrgastraum ein.

Die Testbahn „Twino“ auf einem Gleisabschnitt in Nordhausen. Die grün-weiße Versuchsstadtbahn trägt den Schriftzug „Twino – auch ohne Draht auf Draht“ und diente in den 1990er-Jahren zur Erprobung des neu entwickelten Hybridantriebs für den späteren Combino Duo.
Die Test-Straßenbahn „Tino“ in Nordhausen 2002. Foto: Ulf Gaßmann

Die Ingenieure des Nordhäuser Unternehmens IMG Electronic & Power Systems entwickelten daraufhin ein völlig neues Konzept. In einer ausgedienten Stadtbahn, die als Versuchsfahrzeug „Twino“ diente, entstand eine hochkompakte, leistungsfähige Hybridlösung. Ein Dieselmotor aus dem Pkw-Bereich, kombiniert mit einem eigens entwickelten wassergekühlten Hochleistungs-Generator, bildete das Herzstück des neuen Systems. Entscheidend war dabei auch die Zusammenarbeit mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden, insbesondere mit Prof. E. Bach, der das Projekt mit Berechnungen, Simulationen und wissenschaftlicher Beratung unterstützte.

Als besonders geeignet erwies sich der BMW-V8-Dieselmotor mit 170 kW Leistung. Hersteller BMW genehmigte den Einsatz und den Motorservice, wenngleich ohne Garantie für diese spezielle Anwendung. Für den Generator wurde die Firma Krebs & Aulich aus Derenburg beauftragt, die nach intensiver Entwicklungsarbeit ein passendes Aggregat liefern konnte. So entstand ein weltweit einzigartiges Antriebssystem, das damals als technologische Neuheit galt.

Nach erfolgreichen Tests überzeugte die Lösung auch Siemens Transportation, den Hersteller der Combino-Baureihe. Gemeinsam mit IMG und den Verkehrsbetrieben Nordhausen (VBN) wurde der Serienstart vorbereitet, und 2004 ging der Combino Duo offiziell in Betrieb. IMG lieferte die kompletten Antriebssysteme an Siemens und übernahm anschließend im Rahmen eines Wartungsvertrages die regelmäßige Instandhaltung.

Drei häufige Fragen – und ihre Antworten

1. Wäre eine ähnliche Entwicklung heute nochmals möglich?

Technisch ja – mit modernen Lithiumbatterien oder dem Bau zusätzlicher Oberleitungen. Schwieriger wäre jedoch, ein so engagiertes interdisziplinäres Team erneut zu vereinen, das über Jahre hinweg gemeinsam an einem Ziel arbeitet.

2. Warum läuft der Antrieb manchmal unruhig?

Das Aggregat versorgt nicht nur den Fahrantrieb, sondern auch Nebenverbraucher wie die Heizungsanlage mit bis zu 80 kW Leistung. Diese schaltet sich oft spontan zu, wodurch das System kurzzeitig höhere Drehzahlen erzeugen muss. Eine stufenweise Zuschaltung wäre technisch günstiger gewesen, ließ sich jedoch im verfügbaren Zeitrahmen nicht mehr umsetzen.

3. Warum wurden keine weiteren Duo-Systeme gebaut?

Kurz nach Einführung der Combino-Baureihe traten statische Mängel auf, weshalb Siemens die Produktion einstellte und die neue Generation „Avenio“ entwickelte. Da die Zulassung des Duo-Systems an die ursprüngliche Combino-Baureihe gebunden war, kam es zu keiner weiteren Serienfertigung.

Der Beitrag wurde verfasst von Gerhard Hoßbach, ehrenamtlich für das Ilfelder Heimatmuseum tätig, ehemals Entwicklungsleiter und Geschäftsführer der IMG.